Der 1. FC Köln taumelt der 2. Bundesliga entgegen. Wer dachte, er hätte in der laufenden Saison bei diversen Partien bereits den sportlichen negativen Höhepunkt gesehen, der wurde beim schonungslosen Offenbarungseid gegen Darmstadt 98 eines Besseren belehrt.
Sollte am Ende der Saison tatsächlich der Abstieg stehen, er könnte als Lehrbuch dienen nach dem Motto: Mit diesen Fehlern steigen Sie ganz sicher ab.
Wer sich in der laufenden Serie mit dem 1. FC Köln beschäftigt, dem wird auffallen: Gefühlt hat der Klub alles falsch gemacht. Das einzige Wunder: Trotz dieser Pleiten-Serie kann der Klub den Klassenerhalt in der Theorie noch schaffen.
Vier Punkte auf Mainz auf dem Relegationsplatz, wobei der FSV noch seine Partie des laufenden Spieltags vor sich hat. In einer Woche das Duell beim FSV. Nach dem Auftritt gegen Darmstadt muss man aber befürchten, dass Mainz den FC einfach auffrisst - dann dürfte Klarheit bestehen.
Aber wie konnte es soweit kommen? Die Liste der Fehler ist länger als der Rhein, die massive Fehlerkette begann schon weit vor der "Ära" Christian Keller. Der Sportdirektor hat von seinen Vorgängern die Bürde übernommen, einen finanziell am Boden liegenden Klub zu sanieren und sportlich über Wasser zu halten.
Das misslang. Denn in der Saison 2023/24 wurde kaum eine richtige Entscheidung getroffen - das gipfelte in der Transfersperre wegen des 2022 getätigten Transfers von Jaka Čuber Potočnik. Anstiftung zum Vertragsbruch lautete der Vorwurf, der Internationale Sportgerichtshof CAS bestätigte dies - Köln darf erst 2025 wieder Spieler verpflichten.
Was Keller nun zum Verhängnis wird: Die Akteure, die er vorher holte, zündeten auch nicht. Keller verpasste es, einen weiteren Angreifer zu holen, man wusste um die Verletzungsanfälligkeit von Davie Selke und Mark Uth. Und man wusste, Sargis Adamyan und Steffen Tigges haben in der Verfassung kein Bundesliga-Format. Die Bilanz: 23 Treffer, eine Katastrophe nach 30 Spieltagen.
Leistungsträger wie Jonas Hector und Ellyes Skhiri wurden nicht im Ansatz ersetzt. Auf der linken Seite hat man nur das Glück, dass Max Finkgräfe mittlerweile übertüncht, wie schwach der Rest dort agierte. Auf der Sechs kam nur Jacob Christensen, er stand am 29. Spieltag zum ersten Mal in der Startelf.
Leistungsträger und ihre Auszeit vom Profisport
Natürlich kann Keller nichts dafür, dass sich ehemalige Leistungsträger wie Dejan Ljubicic, Florian Kainz oder Timo Hübers eine gefühlt einjährige Auszeit vom Leistungssport genommen haben, doch gepaart mit seinen Fehlern (auch Trainer Steffen Baumgart wurde zu spät entlassen) steht der FC nun da, wo er jetzt steht.
Mit Fans, die lange zur Mannschaft gehalten haben, aber nun auch "die Schnauze voll haben" nach dem 0:2 gegen Darmstadt. Und der Ausblick wird nicht besser.
Denn Köln kann den Kader im Abstiegsfall nicht erneuern, sie werden die paar Leistungsträger, die noch da sind, verlieren. Jeff Chabot oder Marvin Schwäbe werden gehen, Ljubicic auch, Hübers hat auch eine Ausstiegsklausel, wobei fraglich erscheint, dass nach der Saison jemand ein paar Millionen Euro zahlt. Selkes Vertrag läuft beim Abstieg aus, Top-Talent Justin Diehl geht ablösefrei.
Der Rest wird und muss bleiben. In der 2. Liga müssen es vorerst die richten, die seit 30 Partien zeigen, dass sie es nicht können im Oberhaus. Dazu die paar Leih-Rückkehrer, die für Köln spielen dürfen.
Das alles mit Fans im Rücken, die vorerst auch bedient sind, die den Klub mit ihren vielen dummen Aktionen aber auch wieder richtig viel Geld kosteten. Keine rosigen Aussichten vor einer eventuellen Zweitliga-Saison, die gespickt ist mit Traditionsvereinen, die alle aufsteigen wollen.
Man darf gespannt sein, wer dann auf der Kommandobrücke in Köln sitzt. Denn sowohl der Vorstand als auch Keller würden ihren Job auch nach einem Abstieg anscheinend gerne fortsetzen. Was im Umfeld die wenigsten Anhänger unterstützen, aber eine Pattex-Mentalität wäre beim FC nicht das erste Mal zu beobachten.
Unter diesen Voraussetzungen wäre Köln keiner der Aufstiegsfavoriten nach einem Abstieg. Aber wer weiß - noch ist die Saison ja nicht final durch: Vielleicht geht es ja jetzt ohne Druck, denn wirklich niemand erwartet mehr eine Auferstehung dieser am Boden liegenden Elf. Vielleicht kann sie das nutzen, vermutlich ist es aber nicht mehr als das Pfeifen im Walde.